In Gedenken an meine Tochter

Hallo Motte,

vor fast 14 Jahren habe ich gesehen wie Du geboren wurdest. Ich war es, der Dich abgenabelt hat und als neuen Menschen auf dieser Welt begrüßt hat.

Zwei Jahre später wurdest Du mir gewaltsam entrissen und wir hatten salzige Tränen vergossen. Fast zwölf  Jahre lang habe ich mit der größtmöglichen Unterstützung Deiner Großeltern darum gekämpft, Dich wenigstens gelegentlich begleiten zu dürfen und mitzuerleben wie Du heranwächst. Mit Worten kann ich gar nicht beschreiben, wie sehr Deine Großeltern und ich litten, weil wir Dich, Dein Lachen und Deine Nähe vermissten.

Wir hatten keine Chance. Unwahrheiten und Missgunst schlugen uns entgegen. Das schlimmste war jedoch, dass auch Du verzichten musstest, ohne es zu wissen was Du verpasst. Wir wollten Dir so viel geben. Stattdessen hat man versucht, uns, das wenige an Familie das Du jemals hattest, aus deinem Kopf und deinem Herzen zu verbannen.

Niemals verschwendete ich den allerkleinsten Gedanken daran, dass Dir die Chance verwehrt werden könnte zu leben. Meine Wünsche und Träume, die mir Kraft und Standhaftigkeit verliehen hatten, boten der Härte und Grausamkeit des Lebens keinen Raum. Die Realität traf mich mit unbarmherziger Gewalt, als ich erfuhr, dass Du nicht mehr lebst.

Ich habe gesehen wie Du zu Grabe getragen wurdest. Ich muss mich von Dir verabschieden. Das Wissen um die Endgültigkeit und meine eigene Machtlosigkeit lasten schwer auf  mir. In unendlichem Schmerz und tiefer Trauer weine ich wieder salzige Tränen. Wie die Elefanten.

Ebenfalls heute endet für mich, und alle die mich unterstützt haben, ein langwieriger und aufreibender Kampf um ein bisschen gemeinsame Zeit. Ich wollte Dir Vater und Freund sein. Ich bin nicht nur traurig, sondern auch wütend und verletzt, weil ich das nicht durfte. Eins kann uns aber niemand nehmen: Ich bin Dein Vater. Manche konnten das sehen das und noch mehr wussten es.

Es gab einen Funken Hoffnung, weil ich zu Beginn dieses Jahres das Recht erstritten hatte für Dich gleichberechtigt sorgen zu dürfen. Ausgerechnet jetzt verlässt Du mich. Ich hatte in meinem Bemühen um Dich zu keiner Zeit nachgelassen. Für Dich würde ich bis ans Ende meiner Zeit kämpfen. Wenn ich müde wurde, haben mich mein Vater und meine Mutter, die große Liebe  von Steffi und die Freunde an meiner Seite wieder aufgerichtet. Dafür bin ich Ihnen unendlich dankbar.

Hätte ich Dich doch nur retten können.

Ich wollte Dir noch so viel sagen. Du solltest von mir persönlich erfahren, dass Du eine kleine Halbschwester bekommen hast. Sie heißt Greta Maria und ist heute 7 Monate alt. Ihre Mutter ist die Frau, die Du mit deinen Worten als „richtig cool“ beschrieben hast als Du bei uns warst. Und ohne die ich den Verlust von Dir und Henri nicht überstanden hätte.

Ich bin aber auch deines Bruders Vater. Und heute schlägt das Leben ein neues Kapitel auf. Du weißt, dass ich mich niemals vor den Pflichten, die ich für Dich und Henri übernahm, gedrückt habe. Ich übernahm die Verantwortung für Euch beide, weil ich euer Vater bin. Ab sofort werde ich in deinem Namen um Henri kämpfen. Weil ich sein Vater bin.

Du bist seine große Schwester. Ich weiß, dass Du jetzt an einem besseren Ort bist und Frieden finden wirst. Bitte lass Henri wissen, dass er für Greta ein großer Bruder sein kann.

Mit Dir geht auch ein Teil von mir. Das Erlebte vergesse ich nicht. Bitte grüße unseren gemeinsamen Freund Andreas von mir.

 

In unendlicher Verbundenheit und mit der Liebe eines Vaters

 

Dein Thomas